B. Bisherige Rechtsgrundlagen (SEMINA02.HTM)
In einem ersten Schritt werden nachfolgend die rechtlichen Regelungen, die bis 1996 die Entwicklung des Internet beherrschten, und ihr faktischer Einfluß auf diese Entwicklung dargestellt. In einem zweiten Schritt werden sodann die Neuregelungen erläutert und analysiert, die ab 1996/97 die weitere Entwicklung rechtlich steuern sollen.
Dazu wird aufgrund seiner grundlegenden Bedeutung mit dem Inhalt und der Entwicklung des Fernmelderechts begonnen, bevor Rundfunkrecht, Recht der rundfunkähnlichen Kommunikation und Presserecht einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Alle diese Rechtsgebiete hatten aufgrund der explosionsartigen tatsächlichen Entwicklung des Internet nur einen marginalen Einfluß auf die tatsächliche Entwicklung.
Im zweiten Schritt werden zunächst das Telekommunikationsgesetz des Bundes und sodann die neuen, spezifischen Regelungen des Informations- und Kommunikationsdienstegesetzes (insbesondere das Teledienstegesetz - TDG) des Bundes und der Entwurf des Mediendienste-Staatsvertrags (MDStV-E) der Länder dargestellt.
Das Fernmelderecht hat sich - stets als hoheitlich verwalteter Bereich der engsten Staatsaufgaben - aus dem Telegraphenrecht zu dem modernen Rechtsgebiet der Telekommunikation entwickelt. Letzter Schritt in dieser Entwicklung ist die Privatisierung der Fernmeldeunternehmen, die sich in allen industrialisierten Ländern anbahnt. Innerhalb der Europäischen Union erzwingen die ordnungspolitischen Zielvorstellungen zwar keine Privatisierung der öffentlich-rechtlichen Telekommunikationsunternehmen, aber deren Gleichstellung mit privatwirtschaftlichen Betreibern [7]. Die Details dieser Entwicklung können hier nicht dargestellt werden; ihre Auswirkungen auf die Umsetzung weltweiter vernetzter Kommunikation werden soweit möglich im Kontext der jeweiligen gesetzlichen Regelungen angerissen.
Das Fernmeldeanlagengesetz, das in seinem Kern bis auf das Telegraphengesetz aus dem Jahr 1892 zurückgeht, war bis zum Inkrafttreten des TKG eine beherrschende Rechtsgrundlage des deutschen Fernmelderechts. Strittig war in den vergangenen Jahren stets die Reichweite des Fernmelderechts wie auch der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Fernmeldewesen. Wie in allen entwickelten Industriestaaten, trat auch in Deutschland mit der Verbreitung der Computertechnik und der Datenfernübertragung die Frage auf, ob und inwieweit Datenübertragungs- und -verarbeitungstechnik außerhalb des Fernmeldenetzes einerseits dem Fernmelderecht unterfielen und ob und inwieweit den Fernmeldeunternehmen (in Deutschland also allein der Deutschen Bundespost) innerhalb des Fernmeldenetzes die Erbringung von Datenverarbeitungsdiensten erlaubt sein sollte [8].
Für die Internet-Beteiligten stand insbesondere die Frage im Vordergrund, ob der Betrieb von Knotenrechnern und Modemzugängen den Betrieb einer "Fernmeldeanlage" gem. § 1 FAG darstellte. Nach einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation (BMPT) ist bei dem Betrieb von Mailboxsystemen davon auszugehen, daß die erbrachten Dienste sich als "Telekommunikationsdienstleistung" im Sinne des § 1 Abs. 4 FAG darstellen. Daraus ergibt sich einerseits die Freiheit, solche Dienste zu erbringen, andererseits die Anmeldepflicht für Mailboxen nach § 1a Abs. 1 FAG. Diese Anmeldepflicht wurde dem Vernehmen nach von Mailboxbetreibern und Internet Service Providern eher locker gehandhabt und vom BMPT nicht durchgesetzt. Nur einige Internet-Anbieter (z. B. die Firma EUNet) sind der Anmeldepflicht beim BMPT nachgekommen.
Im Umkehrschluß ergibt sich aus dieser Einordnung, daß strenggenommen ein Betrieb von Mailboxen und Internet-Vermittlungsrechnern, zumindest soweit sie als öffentlicher Dienst angeboten wurden, erst mit der Änderung des FAG vom 14. 9. 1994 [9] zulässig wurden.
Aus dem FAG ergab sich weiterhin das Erfordernis einer Betriebsgenehmigung für die in §§ 2a, 2b und 2d genannten Endeinrichtungen durch das Bundesamt für Zulassungen in der Telekommunikation (§ 2e FAG).
Nach § 10 FAG waren die Personen, die eine für den öffentlichen Verkehr bestimmte Fernmeldeanlage betreiben, beaufsichtigen, bedienen oder sonst bei ihrem Betrieb tätig sind, zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet (vgl. Art. 10 GG, § 354 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Dazu gehört auch die Geheimhaltung der näheren Umstände des Fernmeldeverkehrs, insbesondere ob und zwischen welchen Personen kommuniziert wurde [10].
Das Fernmeldewegerecht hat als Recht der Nutzung von Grund und Boden für den Netzaufbau bei der Entwicklung des Internet keine große Rolle gespielt, zumal die alleinige Netzträgerschaft der Deutschen Bundespost (Netzmonopol) bis zum Erlaß des TKG nur im Bereich der Funknetze gelockert worden war. Zukünftig mögen die Vorschriften der §§ 50ff TKG für die Grundstücksnutzung und den Wegebau eine größere Rolle spielen; auf den weiteren Ausbau des Internet haben sie insofern Einfluß, als die zum Erwerb oder der Ausübung von Nutzungsrechten zu erbringenden Gebühren oder sonstigen Entgelte die Kosten des Ausbaus der Infrastruktur (beispielsweise bei der Umrüstung der Breitbandkabelnetze oder der Verlegung von Glasfaserkabeln) beeinflussen.
Die TKO regelte verwaltungsrechtlich das Dienstangebot und die daraus resultierenden Nutzungsverhältnisse zwischen Nutzern und Deutscher Bundespost [11]. Einfluß auf Gestaltung und Wachstum des Internet hatten vor allem die angebotenen Nutzungsmöglichkeiten, beispielsweise das Angebot leistungsstarker Datenübertragungsnetze, und die erhobenen Gebühren aufgrund der Tarifstrukturen der TKO. Die mangelnde Leistungsfähigkeit bei der (schnellen) Bereitstellung leistungsfähiger Datenverbindungen und die hohen, nicht marktorientierten Gebühren insbesonderen für Privatnutzer sind weiterhin Anlaß zur Kritik und hemmen die Entwicklung vernetzter Kommunikationsstrukturen erheblich. Bei aller Kritik darf allerdings der international vergleichsweise hohe Stand der Qualität der technischen Infrastruktur nicht übersehen werden.
In drei Reformwellen wurde die Deutsche Bundespost in drei Geschäftsbereiche (Deutsche Post AG, Postbank und Deutsche Telekom AG) aufgeteilt und (teil-) privatisiert [12] . Daneben wurde - entsprechend den europarechtlichen Vorgaben - die Liberalisierung und Marktöffnung der Geschäftsbereiche betrieben. Ergebnis soll zum Jahreswechsel 1997/98 die völlige Freigabe des Angebotes von Telekommunikationsdienstleistungen sein. Von dieser Freigabe erhofft sich die Politik insgesamt eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Telekommunikation insgesamt und dadurch eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich. Die Re-Regulierung des Telekommunikationssektors wird allerdings begleitet von erheblichen Problemen. Sie entstehen durch die extreme Marktmacht der Deutschen Telekom AG, durch Wettbewerbsverzerrungen aufgrund der Beteiligung hochmonopolistischer Energieversorgungsunternehmen am Wettbewerb und durch strukturelle Unausgewogenheiten bei der Erschließung mehr oder weniger attraktiver Räume und Märkte.
Für die Entwicklung des Internet haben die Postreformen insoweit Bedeutung, als mit dem Postneuordnungsgesetz (PTNeuOG) vom 14. 9. 1994 [13] in Art. 5 Änderungen des Fernmeldeanlagengesetzes (FAG) eingeführt wurden, die privaten Betreibern die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen erlaubten (§ 1 Abs. 4 FAG). Das Netz- und Sprachdienstmonopol der Deutschen Bundespost TELEKOM blieb allerdings erhalten (§§ 1 Abs. 2 Satz 2, 4 Satz 3, 4 FAG).
Rundfunk-, Medien- und Telekommunikationsrecht erschließen seit einigen Jahren neue Welten. Die Durchsetzung von Internet und Online-Diensten wirft für alle drei Bereiche neue Rechtsfragen und Probleme der gegenseitigen Abgrenzung auf. Die juristische Diskussion hat aufgrund der technisch geprägten Definition des Rundfunks zunächst die Frage in den Mittelpunkt gestellt, ob Online-Medien nicht dem Rundfunkrecht zu unterwerfen seien. Diese Unterwerfung wäre mit erheblichen Einschränkungen und materiellen Bindungen, z. B. in konzentrationsrechtlicher Hinsicht, verbunden gewesen. Dem gegenüber standen Positionen, die schon immer die Konzeption des Grundrechts der Rundfunkfreiheit als "dienende Freiheit" angegriffen und eine stärkere Betonung der "subjektiven Komponente" des Grundrechts gefordert hatten. Diese Positionen verlangten erneut nach einer erheblichen Liberalisierung des Rechtsregimes in Bezug auf die "Neuen Dienste" [14].
Überlagert und auch verwirrt wurde die Diskussion durch eine lange Zeit unklare Begrifflichkeit. Bei der Diskussion über "Neue Dienste" wurde vielfach offengelassen oder nicht hinreichend deutlich dargelegt, ob digitaler Rundfunk, Online-Dienste oder Internet-Angebote Gegenstand der Debatte waren.
Die Diskussionen, die in den achtziger Jahren um die (damals) "Neuen Medien" Bildschirm- und Videotext geführt wurden, wurden oft weitgehend ignoriert. Während damals eine breite gesellschaftliche Debatte mit erheblichen Anstrengungen zur intellektuellen Durchdringung der Materie geführt worden war [15], wird die Diskussion um die neuesten "Neuen Medien" im Online-Bereich weitestgehend in Fachkreisen geführt, die Öffentlichkeit nimmt kaum Notiz. In dieser juristischen Fachdiskussion setzte sich weitgehend die Auffassung durch, daß der Rundfunkbegriff zwar grundsätzlich auch auf Online-Kommunikation - zumindest soweit sie sich als Kommunikationsangebot an die Allgemeinheit darstellte - anzuwenden sei. Der (allzu) enge Regelungsrahmen des hergebrachten Rundfunkrechts sollte jedoch überwunden und den aufgrund der unterschiedlichen Charakteristika der Online-Medien gebotenen Modifikationen unterworfen werden. In der Debatte um die Entwürfe für das Teledienste-Gesetz (TDG-E, Art. 1 IuKDG-E) und den Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV-E) zeichnet sich jetzt jedoch die Tendenz ab, Dienste nicht mehr technisch, sondern inhaltlich abzugrenzen. Der Preis für diese an sich richtige Entscheidung ist, daß aufgrund der Oberflächlichkeit der derzeitigen Regelungen keine wesentliche Steigerung der Rechtssicherheit erreicht werden kann [16].
Die EU-Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen" gilt ausdrücklich nicht für Angebote zum individuellen Informationsabruf, also jenseits des "klassischen" Rundfunks [17]. Im Rahmen der laufenden Novellierungsverhandlungen war im Europäischen Parlament der Wunsch entstanden, auch interaktive Dienste des digitalen Fernsehens (Video on Demand) einzubeziehen. Dieser Vorschlag wurde jedoch bei der Verabschiedung des jetzt vorliegenden Gemeinsamen Standpunkts abgelehnt, so daß auch die künftige Fassung Geltung nur für den "klassischen Rundfunk" haben wird.
Allerdings setzt sich das Europäische Parlament nach wie vor dafür ein, den Fernsehveranstaltern, insbesondere den öffentlich-rechtlichen Anstalten, auch Angebote über neue Übertragungswege (digitales Fernsehen, DVB) und in neuen technischen Erscheinungsformen (Offline- und Online-Medien) zu ermögliche n [18].
Auch die Europaratskonvention enthält derzeit keine Vorschriften über die rundfunkähnliche Kommunikation oder über vernetzte Kommunikationsdienste.
Die bisherigen Rundfunkstaatsverträge [19] enthalten keine Vorschriften, die sich unmittelbar und ausdrücklich auf die rundfunkähnliche Kommunikation beziehen. In den vergangenen Jahren wurde in der rechtswissenschaftlichen Literatur allerdings eine heftige Auseinandersetzung darüber geführt, ob und inwieweit neuartige Angebote der Online-Kommunikation einerseits und digitale Rundfunkangebote wie digitales und "interaktives" Fernsehen, digitaler Hörfunk oder neuartige Sendeformen wie Video on Demand und Near Video on Demand den Vorschriften des Rundfunkrechts zu unterwerfen seien. Auf diese Diskussion wird bei der Vorstellung der geplanten Neuregelungen im TDG-E und im MDStV-E eingegangen.
Die Landesmediengesetze einiger Länder enthalten Vorschriften, die Kommunikationsdienste regeln, die nicht dem klassichen Bild des Rundfunks entsprechen. Die Reichweite und praktischen Auswirkungen dieser Vorschriften sollen kurz beleuchtet werden.
Das LMedienG enthält in seinem sechsten Abschnitt Vorschriften über die "rundfunkähnliche Kommunikation". Die davon umfaßten Dienste sind in den Begriffsbestimmungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 LMedienG definiert als Text-, Bild-, Ton- und Bewegtbildsendungen, die auf Abruf oder Zugriff verbreitet werden. Text- und Bildsendungen sind zulassungsfrei, sie unterliegen allerdings einer Anzeigepflicht bei der Landesanstalt für Kommunikation. Ton- und Bewegtbildsendungen unterliegen nur dann einer Zulassungspflicht, wenn sie als Sendungen auf Zugriff [21] veranstaltet werden.
Auffällig ist, daß das LMedienG von einem weitgehend technisch geprägten Begriff der rundfunkähnlichen Kommunikation ausgeht (§ 1 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, § 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 LMedienG) und nicht hinsichtlich der angebotenen Inhalte differenziert, wie es jetzt der MDStV-E tut. Leider ist der Anwendungsbereich der Vorschriften über die rundfunkähnliche Kommunikation nie ganz klar geworden. Der Gesetzgeber hat sich vermutlich eine klare Trennung zwischen dem schmalbandig übertragenen Dienst "Bildschirmtext" und anderen, breitbandig übertragenen Kommunikationsdiensten vorgestellt und nicht damit gerechnet, welche Vielfalt an schmalbandig übertragenen Diensten sich mit dem und im Internet entwickelte. Er hat daher eine Grenze zwischen "schmalbandig = Btx" und "breitbandig = Kabeltextabruf" gezogen. Damit war auch die Frage nicht zu klären, ob ein rundfunkähnlicher Dienst nur vorliegen konnte, wenn es sich um einen massenkommunikatives Angebot an die Allgemeinheit handelte, oder ob auch Dienste der Individualkommunikation diesem weitgefaßten Rundfunkbegriff unterliegen konnten.
Nicht geklärt wurde in der Verwaltungspraxis der baden-württembergischen Landesmedienanstalt (Landesanstalt für Kommunikation, LfK), ob eine Zuständigkeit für andere, schmalbandig übertragene Dienste als den Bildschirmtext-Dienst der Bundespost wie etwa andere Online-Dienste oder Angebote im Internet bestand. Der Gesetzgeber hat mit der Öffnungsklausel des § 39 Abs. 2 LMedienG Vorsorge für die Ermöglichung technischer Innovation getragen. Mittlerweile sind die Überlegungen über eine Anwendbarkeit der Vorschriften über die rundfunkähnliche Kommunikation auf Online-Dienste und das Internet von der Gesetzgebung überholt. Sollte der Mediendienste-Staatsvertrag in Kraft treten, werden die Regelungen des sechsten Abschnitts des baden-württembergischen LMedienG weitgehend obsolet sein (§ 39 Abs. 1 LMedienG).
In Baden-Württemberg wird im mittleren Neckarraum (Breitbandverteilnetze Stuttgart, Ludwigsburg, Tübingen/Reutlingen) eine Bildschirmzeitung als rundfunkähnlicher Dienst angeboten, deren Programm sich halbstündlich wiederholt (Zugriffsdienst). Weitere rundfunkähnliche Dienste werden als Datendienste und programmbegleitende Dienste im DAB [22]-Versuchsprogramm ausgestrahlt.
Der Staatsvertrag Berlin-Brandenburg sieht in seinem § 2 Abs. 1 Nr. 2 "Datenverteildienste", deren Charakter sonst nicht näher definiert wird, und in Nr. 3 "Abrufdienste, soweit sie drahtlos oder über Breitbandkabel übermittelt und nicht nur von einem einzelnen Teilnehmer empfangen werden können" vor. Er trifft über deren Zulässigkeit, Kapazitätszuteilungen u. ä. keine weiteren Regelungen. Allein in der Erprobungsklausel des § 47 finden sich Vorschriften, nach denen auch rundfunkähnliche Dienste zur Erprobung zugelassen werden könnten.
Praktische Anwendungsfälle dieser Vorschriften in Berlin und Brandenburg sind nach Auskunft der MABB [24] nicht bekannt.
Auch das HmbMedienG enthält in seinem achten Abschnitt Vorschriften über die rundfunkähnliche Kommunikation, die durch Verweisung auf den Btx-Staatsvertrag und rundfunkbezogene Normen des HmbMedienG geregelt wird. Die Begriffsdefinitionen in § 2 Abs. 1 S. 2, 2. Halbsatz und Abs. 7 HmbMedienG entsprechen inhaltlich denen des LMedienG BW. Sie unterscheiden ebenfalls zwischen Abruf- und Zugriffsdiensten. Eine Unterscheidung nach dem Übertragungsweg, insbesondere eine Beschränkung auf breitbandig übertragene Dienste, sieht das HmbMedienG nicht vor. Für Fernseh- und Radiotext ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz HmbMedienG, daß diese technisch "mit" dem Rundfunk übertragen werden ("Huckepack-Dienste"), also Fernseh- und Radiotext. Diese Dienste werden als Rundfunk angesehen. Die Anwendung dieser Vorschriften auf das Internet oder die Angebote von Online-Diensten scheidet aufgrund der technische Spezifikation von vornherein aus.
Rundfunkähnliche Kommunikationsdienste nach § 1 Abs. 7 HmbMedienG sind dagegen ausdrücklich dadurch qualifiziert, daß sie "nicht Rundfunk sind". Die Vorschrift kennt Abruf- und Zugriffsdienste; eine Anwendung auf das Internet ist also grundsätzlich denkbar. Für Textdienste besteht nach § 45 Abs. 1 Satz 2 HmbMedienG eine Anzeigepflicht. Ton- und Bewegtbilddienste sind nach § 46 i. V. m. § 3 HmbMedienG zulassungspflichtig; weitere Vorschriften des HmbMedienG gelten entsprechend. Die Hamburgische Anstalt für Neue Medien (HAM) kann nach § 46 Satz 2 HmbMedienG in der Zulassung Einzelheiten zum Inhalt der Sendungen festlegen.
Die Veranstaltung von Abruf- oder Zugriffsdiensten mit Ton- oder Bewegtbildsendungen im Breitbandkabelnetz ist derzeit technisch noch nicht realisiert. Für die im Internet angebotenen Ton- und Bewegtbildangebote und die Textdienste gilt das für die Anwendbarkeit des baden-württembergischen Landesmediengesetzes Gesagte [26]. Nach der Verabschiedung des Zustimmungsgesetzes zum Mediendienste-Staatsvertrag werden diese Vorschriften des HmbMedienG nach dem Grundsatz des Vorrangs des jüngeren Gesetzes keine Geltung mehr beanspruchen können.
Praktische Anwendungsfälle der Vorschriften über die rundfunkähnliche Kommunikation in Hamburg sind nach Auskunft der HAM nicht bekannt.
Das SächsPRG verwendet im Gegensatz zu den anderen Rundfunk- und Mediengesetzen ausdrücklich neben detaillierten technischen Regelungen (vgl. § 1a Abs. 2 SächsPRG) auch inhaltliche Kriterien zur Abgrenzung von Rundfunk, rundfunkähnlichen Kommunikationsdiensten und sonstigen Diensten. Es unterwirft nur solche Dienste den Vorschriften über rundfunkähnliche Kommunikation, die "publizistische Inhalte enthalten, die geeignet sind, die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen" (§ 1a Abs. 2 Nrn. 2, 3 SächsPRG). Es unterwirft seinem Anwendungsbereich dagegen nicht, "was keine publizistische Relevanz hat" (§ 1a Abs. 3 SächsPRG).
Die materiellen Vorschriften über die Zulässigkeit und die Inhalte von rundfunkähnlichen Kommunikationsdiensten sind dürr. § 25 Abs. 2 SächsPRG bestimmt, daß nur eine Anzeigepflicht für alle Arten von rundfunkähnlichen Kommunikationsdiensten besteht. Allerdings erlaubt § 5 Abs. 2 Satz 1 SächsPRG bei der Ausschreibung von Übertragungskapazitäten in Kabelanlagen auch die Antragstellung durch Veranstalter rundfunkähnlicher Dienste. Dadurch kann gewährleistet werden, daß auch ein solcher Veranstalter eine Chance auf Zuteilung einer Übertragungskapazität in Kabelanlagen hat.
Die inhaltlichen Pflichten der Programmveranstalter nach den §§ 12 bis 14, die Vorschriften über die Programmverantwortlichkeit nach §§ 16, 17, das Gegendarstellungsrecht nach § 19, die Finanzierung (§ 23) und die Werbevorschriften (§ 27 Abs. 3, 7) sowie die allgemeine Aufsicht der Landesmedienanstalt nach § 39 SächsPRG werden gem. § 25 Abs. 1 SächsPRG auch auf rundfunkähnliche Kommunikationsdienste angewendet. Für "Bagatellveranstaltungen" gem. § 1 Abs. 2 SächsPRG finden die Vorschriften des SächsPRG auch bei rundfunkähnlichen Diensten keine Anwendung.
Die bisherige Anwendung der Vorschriften durch die SLM [28] beschränkt sich auf die Zulassung von programmbegleitenden Diensten im DAB-Versuchsprojekt und auf ein ähnliches Projekt mit RDS-Technik, bei dem Textnachrichten (z. B. Verkehrsinformationen) auf speziellen Empfangsgeräten ausgegeben werden können.
Btx wurde in der Zeit seiner erstmaligen Einführung Anfang der achtziger Jahre aufgrund seiner Stellung "zwischen" Individual- und Massenkommunikation als "Medium sui generis" angesehen ("überindividuelle Kommunikation") [29].
Der (wesentlich weniger intensiv geführte) Streit um die Anwendung des Btx-StV auf Internet- und andere Online-Angebote wird nach Erlaß des MDStV und des TDG obsolet sein. Auch für den Nachfolger des eigentlichen Btx-Dienstes, den T-Online-Dienst, wird der Btx-StV nicht mehr gelten; er wird vollständig aufgehoben [30], obwohl der eigentliche T-Online-Dienst weiterhin auf dem Btx-System mit seiner rigiden Anbieter-Nutzer-Trennung und seinem gemischt zentral-dezentralen Datenkonzept basiert. Diese Technologie wird jedoch zunehmend in Richtung auf einen reinen Internet-Dienst aufgelöst.
Eine Anwendung des Btx-StV auf Internet-Angebote wurde von den zuständigen Stellen [31], soweit bekannt, nie ernsthaft betrieben. Aus der historischen Entwicklung des Dienstes und seiner gesetzlichen Regelung wie auch aus Sinn und Zweck des Staatsvertrages und seinen Vorschriften geht recht eindeutig hervor, daß eine Anwendung auf das Internet oder ähnliche Angebote weder beabsichtigt war noch Sinn macht. [32] Auch aus den §§ 29ff TKO [33] ergibt sich, daß unter "Bildschirmtext" ein spezifisches technisches System der Deutschen Bundespost mit einem eigenartigen Aufbau (Anbieter, Nutzer, Netzknoten der Deutschen Bundespost, seitenweise Ausgabe) zu verstehen ist. Zwar ist der Anwendungsbereich des Btx-StV nicht auf das von der Deutschen Bundespost betriebene System begrenzt [34]. Unter die Charakteristika des technischen Systems sind die Angebote im Internet aber auch bei großzügiger Anwendung nicht zu subsumieren [35]. Allenfalls einzelne Normen wie die Kennzeichnungspflicht für Werbung (§ 8 Btx-StV) könnten auch für Internet-Angebote im Interesse der Verbraucher sinnvoll sein, sind jedoch in ihrer konkreten Ausgestaltung sehr stark von den bescheidenen technischen Mitteln des Btx-Systems geprägt. Die Nichtanwendung des Btx-StV stellt also kein Vollzugsdefizit dar, sondern entspricht der Geltungsreichweite des Staatsvertrages.
Von seiner Rahmengesetzgebungskompetenz zur Regelung der "allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse" (Art. 75 Abs. 1 Nr. 2 GG) hat der Bund bisher keinen Gebrauch gemacht.
Die Pressegesetze erlauben aufgrund ihres Bezuges auf verkörperte Druckwerke allenfalls eine analoge Anwendung einzelner Rechte oder Pflichten auf Online-Ausgaben von Zeitungen oder ähnliche Angebote mit redaktionell-journalistischem Charakter [36]. Eine Anwendung der strafrechtlichen Vorschriften der verschiedenen Pressegesetze, die zum Teil erhebliche Senkungen der Strafbarkeitsschwellen bewirken würde, ist auf Online-Angebote aufgrund des strafrechtlichen strengen Bestimmtheitsgrundsatzes nicht möglich [37]. Das Presserecht ist auf elektronische Datendienste selbst dann nicht unmittelbar anwendbar, wenn es sich um Veröffentlichungen handelt, die in der gleichen oder einer ähnlichen Form gedruckt erscheinen, wie dies etwa bei den Zeitungen und Zeitschriften der Fall ist, die Parallel-Ausgaben im Internet veröffentlichen. Denn den elektronischen Ablegern fehlt es an der Grundbedingung für die Presse, der "verkörperten" Erscheinung [38]. In Frage kommt allenfalls die analoge Anwendung von Vorschriften des Presserechts auf Online-Angebote, die nach ihrem Charakter presseähnlich sind, wenn man von der verkörperten Wiedergabe absieht. In Betracht kommen hier insbesondere die Online-Ausgaben von Presseprodukten, aber auch Online-"Zeitschriften" oder Magazine ohne papierenes Pendant. Nach dem Erlaß des MDStV wird allerdings zu prüfen sein, inwiefern diese stark an die presserechtlichen Vorschriften angelehnten Regelungen überhaupt noch Raum für eine analoge Anwendung lassen.
nächste Datei: SEMINA03.HTM
[7]
Gramlich, NJW 1994, 2785 (2786f.)
[8] Köbele, Bernd, Fernmeldewesen und Telematik in ihrer rechtlichen Wechselwirkung, Berlin 1990, S. 32ff, 45ff., 87ff.
[9] BGBl. (1994) I, 2325
[10] vgl. zur Lage nach dem TKG unter C. I. 2. e),
[11] vgl. Eidenmüller, Post- und Fernmeldewesen, Band 2, Vorbem. TKO, S. 3ff; Scherer, Die Telekommunikationsordnung der Bundespost: Rechtsgrundlage für eine Informationsgesellschaft, Computer und Recht 2/ 1987, S. 116
[12] zu den Postreformen vgl. die umfassende Darstellung von Gramlich, aaO (Fußnote 7)
[13] BGBl. (1994) I, 2325
[14] Einen guten Überblick über den Streitstand bietet Schulz, ZUM 1996, 487
[15] z. B. Expertenkommission Neue Medien - EKM - Baden-Württemberg, Abschlußbericht, 3 Bände, Stuttgart 1981
[16] so auch Tauss, Jörg, SPD: Stellungnahme zum IuKDG, vom 4. 12. 1996 (news:32a597eb.7955282@personalnews.germany.eu.net); im einzelnen siehe unter C. II., III.
[17] Art. 1 Buchst. a) Satz 3 der Richtlinie des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (89/552/EWG), Amtsblatt EG Nr. L 298 vom 17/10/89 S. 23, Berichtigungen Amtsblatt Nr. L 331 vom 16/11/89 S. 51
[18] Entschließung des Europäischen Parlaments zur Rolle der öffentlichen Fernsehdienste in einer multimedialen Gesellschaft, vom 17. 9. 1996, MP 12/1996, S. 652ff.
[19] Rundfunkstaatsvertrag 1987 (erstmalige bundesweite Regelung privaten Rundfunks) GBl. 1987, S. 51; Rundfunkstaatsvertrag 1992 GBl. 1991, S. 745; Rundfunkstaatsvertrag 1995 GBl. 1995, S. 113; 2. Rundfunkänderungsstaatsvertrag 1996 GBl. 1995, S. 857; 3. Rundfunkänderungsstaatsvertrag 1997 (noch nicht im Gesetzblatt veröffentlicht)
[20] vom 17. März 1992, GBl. 189, zuletzt geändert am 14. Dezember 1995, GBl. S. 857
[21] Eine Sendung auf Zugriff ist gegeben, wenn sie "in raschem Wechsel so verbreitet werden, daß jedermann jederzeit oder zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens jede einzelne Information auswählen und sofort oder mit einer Wartezeit sichtbar oder hörbar machen kann" (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 LMedienG).
[22] Digital Audio Broadcasting; digitale Hörfunk- und Datenübertragungstechnik. Vgl. http://www.sdr.de/organisation/technik/dab.html, http://www.dab-plattform.de/pp/bw.htm
[23] Staatsvertrag über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks, GVBl. für das Land Brandenburg vom 30. April 1992, S. 142ff.
[24] Medienanstalt Berlin-Brandenburg
[25] vom 20. April 1994, GVBl. S. 113
[26] s. o. unter B. II. 3. a) zum LMedienG BW
[27] vom 18. Januar 1996
[28] Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien
[29] Bartl, Harald, Handbuch Btx-Recht, Rz. 21 (S. 18); Ring/Hartstein, Bildschirmtext, S. 44
[30] § 21 Abs. 2 MDStV-E
[31] Für die Überwachung der Vorschriften ist nach §§ 13 Abs. 1 Btx-StV, 6 Abs. 1 Gesetz zu dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland (GBl. 1991, S. 745 u. 1992, S. 188) das Innenminsterium zuständig. Die Beachtung der Vorschriften des Btx-StV wurde bezogen auf Internet-Angebote nicht überwacht oder durchgesetzt (vgl. z. B. §§ 4, 5, 8 und 9 Btx-StV).
[32] vgl. Bundesministerium für Post und Telekommunikation, Rechtliche Einordnung von Datenkommunikation/ Mailboxen (Typoskript der Dienststelle 121c, Dr. Eschweiler, 7. 6. 1994)
[33] vom 5. 11. 1986 in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. 7. 1987, BGBl. I S. 1761.
[34] Bartl, Handbuch Btx-Recht, Art. 1 Rz. 35 mwN
[35] a. A. Kubicek
[36] Ackermann, Ausgewählte Rechtsprobleme der Mailbox-Kommunikation, S. 46, 59ff
[37] Sieber, Ulrich, Cyberlaw: Die Entwicklung im deutschen Recht, in: Cheswick, William R./ Bellovin, Steven M., Firewalls und Sicherheit im Internet, S. 299
[38] zum Begriff "Presse" Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, Kap. 1 Rz. 7ff (S. 2), Kap. 12 Rz. 3ff (S. 67)